Die Brüder Grimm und ihre Kinder- und Hausmärchen
Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm sind weltweit die größte und berühmteste Märchensammlung und das meistübersetzte deutschsprachige Werk aller Zeiten.
Im Jahre 1806 begannen die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm (1785-1863; 1786-1858) auf Veranlassung der Romantiker Achim von Arnim und Clemens Brentano, Volkslieder für die Anthologie Des Knaben Wunderhorn zu sammeln. Für die Fortsetzung des Wunderhorns sollten weiterhin Märchen und Sagen zusammengetragen werden. Die alten, vorwiegend mündlich überlieferten Geschichten wurden von Jacob und Wilhelm Grimm nicht nur gesammelt und niedergeschrieben, sondern auch mehr oder minder stark überarbeitet, in Ausdruck und Aussage geglättet und geformt.
Eine ihrer wichtigsten Quellen waren die Märchen, die die aus hugenottischer Familie stammende Dorothea Viehmann den Brüdern erzählte. Daneben waren an den Sammlungen u. a. die Brüder Werner von Haxthausen, August von Haxthausen sowie die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff und ihre Schwester Jenny von Laßberg beteiligt. Als sich Clemens Brentano letztlich dazu entschied, statt der Fortsetzung des Wunderhorns ein eigenständiges Märchenbuch zu erstellen, übersandten ihm die Brüder Grimm hierfür ihre gesammelten Märchen – nicht aber, ohne zuvor Abschriften des gesamten Materials anzufertigen. Diese Abschriften sollten später den Grundstock für ihre eigenen Publikationen bilden (vgl. Heinz Rölleke 2007).
Clemens Brentano nutzte das angeforderte Material nicht. Jacob und Wilhelm Grimm führten die Sammlung daher in eigener Regie weiter. Das Buch, an dem sie nun arbeiteten, sollte preiswert sein und zur Mitarbeit anregen. So wurde auch fragmentarisches Material abgedruckt, mit Anmerkungen direkt unter den Texten.
Die ersten Ausgaben der Kinder- und Hausmärchen
Die ersten Exemplare erschienen am 20. Dezember 1812, der größte Teil im März 1813 in einer Auflage von 900 Stück bei dem Verleger Georg Andreas Reimer in Berlin. 1815 konnten die Brüder den zweiten Band der Kinder- und Hausmärchen vorlegen, im Jahr 1819 wurde der erste Band stark überarbeitet neu aufgelegt: Es kamen weitere Märchen hinzu, etwa ein Viertel der Geschichten wurde gestrichen und fast die Hälfte der verbliebenen Märchen überarbeitet – häufig, um die als anstößig empfundenen erotischen Anspielungen zu beseitigen.
Die Anmerkungen zu den Märchen beider Bände wurden 1822 als dritter Band veröffentlicht. Im Jahr 1825 erfolgte die Herausgabe einer „Kleinen Ausgabe“ der Kinder- und Hausmärchen in einem Band, die maßgeblich zur Popularität des Stoffes beitrug. Für diese Aufgabe konnten die Brüder ihren Bruder Ludwig Emil als Illustrator gewinnen. Ab 1823 wurde eine illustrierte englische Ausgabe der Kinder- und Hausmärchen veröffentlicht. Bereits zu Lebzeiten der Brüder erschienen sieben Auflagen der großen deutschen Ausgabe der Märchen und zehn Auflagen der kleinen Ausgabe.